Antibiotikaresistenzen (WHO)
Verlieren wir 100 Jahre medizinischen Fortschritt?
Chairs: Sophia Fürst, Paolo Perfahl
Die Entdeckung des ersten Antibiotikums Penicillin hat als medizinische Schlüsselerkenntnis den Grundstein für viele der wesentlichsten Errungenschaften der modernen Medizin gelegt, darunter unter Anderem die Möglichkeit, umfassende chirurgische Eingriffe, wie sie etwa in der Prothetik und Transplantationsmedizin zu finden sind, sowie die Chemotherapie von malignen Erkrankungen, durchzuführen. Die Erforschung weiterer zellulärer Angriffspunkte brachte ein breites Spektrum an zusätzlichen Antibiotika und antibakteriellen Chemotherapeutika, wodurch viele Krankheitsbilder, die früher als verheerend oder gar Todesurteil galten, wie beispielsweise Syphilis, Tuberkulose, Lepra und Sepsis, nun behandelbar wurden.
Der Miss- und Übergebrauch dieser Medikamente sowohl in der Human- als auch Veterinärmedizin hat, insbesondere in den letzten Jahrzehnten, eine zunehmend bedrohliche mikrobielle Resistenzlage gezüchtet, während die Entwicklung neuer Antibiotika scheinbar zu Ende geht – die letzte neue Klasse, jener der Lipopeptidantibiotika, wurde 1987 entdeckt, seitdem konnten keine neuen Angriffspunkte gefunden werden. Die antimikrobielle Resistenzlage ist derart dramatisch, dass 39 Millionen Tote und ein jährlicher wirtschaftlicher Schaden von 2 Billionen USD bis 2050 prognostiziert werden. Es droht ein Rückschritt in beinahe allen Facetten der medizinischen Versorgung auf der ganzen Welt, kein Land bleibt unbetroffen.
Diese kritische Lage erkennend, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die voranschreitende, antimikrobielle Resistenzbildung als eine der größten Bedrohungen der globalen Gesundheit und Entwicklung deklariert. In Kooperation mit anderen Organen der vereinten Nationen, nämlich der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), dem UN Umweltprogramm (UNEP) und der Weltorganisation für Tiergesundheit, wurden bereits Aktionspläne, Interventionspakete, eine Überwachungsdatenbank (GLASS) und Ausbildungsprogramme ausgearbeitet. Das Ziel des Komitees 10 wird es sein, gemeinsam die nächsten Schritte in der Bekämpfung und Prävention dieses drohenden Unheils zu setzen.
Leitfragen:
- Welche konkreten Maßnahmen können im Human- sowie Veterinärmedizinischen Bereich getroffen werden, um die rasante Proliferation von antimikrobiellen Resistenzen einzudämmen und wie kann ihre Durchführung sichergestellt werden?
- Welche anthropogenen Faktoren sind die größten Treiber von antimikrobieller Resistenzbildung und wie können diese mit länderübergreifender Zusammenarbeit behandelt werden?
- Wie ist die Relation der Wichtigkeit von Patentrecht zu medizinisch notwendigem Bedarf zu beurteilen und wie kann wichtige pharmakologische Forschung mit geringem finanziell profitablem Potenzial gefördert werden?Wie ausgeschöpft sind die gegenwärtigen Mittel der Behandlung und welche Rolle kann die Forschung noch spielen, um das noch bestehende Potenzial der Behandlung mit Antibiotika und antibakteriellen Chemotherapeutika brauchbar zu machen oder um fundierte Alternativen zu finden, welche als entlastende Reserven oder präventive Maßnahmen dienlich sein könnten?
Komiteemitglieder:
Barbados, Bhutan, Burkina Faso, Gambia, Georgien, Guyana, Indien, Italien, Jamaika, Lesotho, Liechtenstein, Mikronesien, Monaco, Mongolei, Norwegen, Polen, Rumänien, Schweden, Singapur, St. Lucia
Weiterführende Quellen:
- https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/antimicrobial-resistance
- https://worldhealthorg.shinyapps.io/glass-dashboard/_w_5f18eb8f/#!/home
- https://www.welthungerhilfe.de/welternaehrung/rubriken/agrar-ernaehrungspolitik/wie-tierhaltung-global-zu-antibiotikaresistenz-beitraegt
- https://documents1.worldbank.org/curated/en/323311493396993758/pdf/final-report.pdf
- https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(24)01867-1/fulltext