Kredite und Neokolonialismus (IDA)
Wie Entwicklungsstaaten durch nicht bezahlbare Kredite übernommen werden
Chairs: Katja Graf, Šimon Trampota
Die Tatsache, dass ein Staat verschuldet ist, ist nicht ungewöhnlich. Im Gegenteil, beinahe alle Staaten dieser Welt sind, auf die eine oder andere Art und Weise verschuldet, was zu globalen Staatsschulden von einem Ausmaß von 97 Billionen U.S. Dollar (2023) führte. Wenn Schulden in einem moderaten Verhältnis – bis zu 60% – zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) stehen, sind sie nicht zwingend schädlich, sondern eine gewöhnliche fiskalpolitische Maßnahme, die künftigen Mehrwert schaffen soll. Staaten investieren dabei vorwiegend in Infrastruktur und systemrelevante Reformen.
Dies setzt aber das bereits erwähnte moderate Verhältnis voraus. Aktuell scheint dem aber immer weniger der Fall zu sein. Von den 193 UN-Mitgliedsstaaten wird bei 120 ihre Verschuldung als „hoch“ oder „untragbar“ beschrieben. Dies ist besonders bei Entwicklungsländern problematisch, da diese ihre Kredite oft nicht rechtzeitig zurückzahlen können, woraus sich ein Verzug und die folgenden Verzugszinsen ergeben, was zur Erhöhung der bereits bestehenden Kreditsumme führt, die die Länder in einem schwer zu durchbrechenden Kreislauf immer tiefer in die Schuld führt. Hatten 2013 nur sechs afrikanische Staaten Schulden von mehr als 60% ihres BIPs, waren es 2023 bereits 27.
Der häufigen Zahlungsunfähigkeit von wirtschaftlich schwachen Ländern sind sich die Gläubiger bewusst. Daraus ergibt sich, dass sie höhere Entgelt- oder Verzugszinsens als bei wirtschaftlich stabilen Staaten, oder andere Arten von Sicherheiten verlangen, sei dies beispielsweise durch die Sicherung des Kredites mit Land oder Infrastruktur, aber auch der Zusage einer Gesetzesänderung im Sinne der Gläubiger. Dies führt bereits beim Entstehen des Schuldverhältnisses zu einer Abhängigkeit zwischen Schuldner und Gläubiger, welche zuweilen neokolonialistische Ausmaße annimmt. Mit dem Ausmaß dieser Problematik, Möglichkeiten, potenziellen positiven Aspekten und weiteren Fragen gilt es sich im Komitee auseinanderzusetzen und Vorschläge zu deren Beantwortung zu finden.
Leitfragen:
- Welche Möglichkeiten gibt es, gegen die neokolonialistische Einflussnahme von an Kredite gebundene wirtschaftspolitische Auflagen vorzugehen?
- Wie müssen Verhandlungen zwischen Vertragspartnern ablaufen, um fair und auf Augenhöhe stattzufinden? (Stichwort Mercosur)
- Welche Vorteile/Nachteile haben von Staaten (z.B. China) vergebene Kredite in Vergleich zu denen von internationalen Organisationen (z.B. IWF und Weltbank)
- Lassen sich auch positive Aspekte in Bezug auf den ökonomischen, politischen und sozialen Fortschritt von Entwicklungs und Schwellenländern finden, wenn dieser zum Teil durch IOs und Investorstaaten gelenkt wird? (Stichwort Abschaffung von nichtliberalen Gesetzen für Kreditzusage, etc)
Komiteemitglieder:
Brasilien, China, Dänemark, Finnland, Gabun, Grenada, Haiti, Katar, Kuba, Libyen, Madagaskar, Myanmar, Paraguay, Portugal, Sambia, Serbien, Thailand, UK, Kosovo, Vatikan
Weiterführende Quellen:
- https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/146977/neokoloniale-weltordnung-brueche-und-kontinuitaeten-seit-der-dekolonisation/
- https://taz.de/Umstrittene-Kredite-von-der-Volksrepublik/!5528157/
- https://www.missio.com/aktuelles/nachrichten/reportagen/china-in-afrika
- https://www.tagesschau.de/wirtschaft/mercosur-einigung-100.html
- https://amerika21.de/analyse/249565/neokolonialismus-herausforderung-china